Am 20. Januar 2021 wurde Joe R. Biden als Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Sein hohes Alter steht dabei vielfach in der Diskussion. Aber erlaubt das chronologische Alter überhaupt eine Aussage für oder gegen die Ausübung eines bedeutenden politischen Amtes? Welche Faktoren spielen bei der Analyse des Alters eine Rolle? Und welche Kompetenzen sollten besonders ausgeprägt sein, um als Politikerin oder Politiker auch im hohen Alter zu überzeugen?
- Die Wahl Joe R. Bidens zum Präsidenten der USA hat in öffentlichen Diskussionen zu der Frage geführt, ob ein 78-Jähriger ein solches Amt ausüben kann. Das hohe Lebensalter wird häufig als Argument gegen die Übertragung dieses bedeutenden Amtes auf Joe R. Biden angeführt.
- Die Biografie Joe R. Bidens wie auch seine Auswahl der Personen für sein Kabinett lassen die Aussage zu, dass dieser Politiker mit hoher Kompetenz und hohem Verantwortungsgefühl seine Präsidentschaft gestalten wird.
- Bei der Analyse des Alters ist eine Differenzierung zwischen folgenden vier Dimensionen notwendig: dem körperlichen, seelischen, geistigen und sozialkulturellen Alter. In diesen Dimensionen finden sich unterschiedliche Entwicklungsverläufe im Altern. Gerade im seelischen und geistigen Bereich sind Entwicklungsmöglichkeiten (Potenziale) erkennbar, die sich als förderlich für die Wahrnehmung eines Präsidentenamtes erweisen.
- Die seelisch-geistige Dimension dient auch als Analysehintergrund der Entscheidungen und Handlungen von einigen politischen Entscheidungsträgern, die in den vergangenen sieben Jahrzehnten Verantwortung übernommen haben.
- Dabei wird auch die Kategorie des existenziellen Alters verwendet, die dazu dient, besondere, existenzielle Kompetenzen, die das Individuum bereits in früheren Lebensphasen ausgebildet hat, zu umschreiben. Diese Kompetenzen können dem Handeln junger Politikerinnen und Politiker hohe Überzeugungskraft geben.
- Das hohe Alter prädestiniert nicht per se für die Wahrnehmung eines politischen Amtes, wie es auch nicht per se einem solchen Amt entgegensteht. Entscheidend ist vielmehr die Frage, was das Individuum aus den Jahren „gemacht“ hat und wie es diese gestaltet hat.
Der Gerontologe Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Kruse geht der Frage nach, ob allein das chronologische Alter eine Aussage für oder gegen die Ausübung eines bedeutenden politischen Amtes erlaubt und führt dabei Befunde der Altersforschung an.
Der Autor
Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg. Studium der Psychologie, Philosophie, Psychopathologie und Musik. Von 1998 bis 2000 und von 2003 bis 2020 Vorsitzender der Altersberichtskommissionen der Bundesregierung. Seit 2016 Mitglied des Deutschen Ethikrates. Von 2000 bis 2002 Mitglied der vom Generalsekretär der Vereinten Nationen eingesetzten 15-köpfigen Kommission zur Erstellung des International Plan of Action on Ageing, der 2002 von der Weltversammlung der Vereinten Nationen in Madrid verabschiedet wurde.
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